Die Gryn-Originale | 2019

In der Ausstellung „Die Gryn-Originale“ zeigen 14 Mitglieder des Künstlerbundes Originalarbeiten, die Grundlage für die Fahnen „Kunst in Bewegung“ auf der Maximilianstraße waren. Zu sehen sind bildhauerische Objekte, Gemälde, Aquarelle und digitale Arbeiten.

Blick in die Ausstellung (Fotos: © Reinhard Ader)

Laudatio

„Die Gryn-Originale“.

Die Idee zu dieser Ausstellung „Die Gryn-Originale“ kam im Zusammenhang mit dem Fahnenprojekt „Kunst in Bewegung“ auf der Maximilianstraße.
Aufgrund des extremen Fahnenformats von 3,50×1,20 wurden teilweise Details umgesetzt, die eine manchmal völlig andere Sichtweise ergeben, als es die Originale vorweisen.

Zudem sind die Fahnen ein völlig anderes Anschauungsmedium:
Sie flattern, bewegen und verdrehen sich, oft nur in Einzelaspekten sichtbar.
Eher plakativ entwickeln sie aus größerer Entfernung Präsenz und Wirkung.

Demgegenüber werden in dieser Ausstellung die Originalarbeiten gezeigt, das eigentliche Ausgangsmaterial für die Fahnen. Diese Arbeiten sind der unmittelbare Anschauungsgegenstand. Pinselduktus, Materialität und Farbe sind im Detail erfahrbar. Während hier dem einzelnen Künstler sozusagen über die Schulter gesehen wird, sind die Fahnen als Gesamtprojekt der bewegten und bewegenden Kunst im Zusammenhang mit dem „Grynen Band“ anzusehen.

Die  in der Ausstellung vertretenen Künstlerinnen und Künstler sind:
Reinhard Ader, Christoph Anschütz, Stefan Becker, Nina Bußjäger, Fred Feuerstein, Moritz Feuerstein, Magdalena Hochgesang, Georg Karbach, Kurt Keller, Susanne Lorenz, Thomas Mann, Luisa Schmeisser, Margarete Stern und Christine Weinmüller.

Der Bogen ist weit gespannt, von der Thematik „Natur und Kultur“ ausgehend, sind die Künstlerinnen und Künstler ganz verschiedene Wege gegangen:

  • Wie sind kulturelle bzw. künstlerische Aussagen im Verhältnis zur Natur zu bewerten?
  • Stehen Kultur und Natur in einem jahrtausendealten Widerspruch, entsprechend dem Postulat: „Du sollst dir die Erde untertan machen“?
  • Oder werden die Menschen letztlich doch zur Einsicht gezwungen – sollten sie am Fortbestand der Spezies Mensch überhaupt interessiert sein – sich mit der Natur „auszusöhnen“?

Wird der Erkenntnis Raum gegeben,

  • dass der Pflug, der den Boden umgräbt,
  • dass der grenzenlose Flug über den Wolken, wo die Freiheit wohl grenzenlos sein muss,
  • dass das beschaulich-angenehme Plätschern im wohltemperierten Hallenbad,
  • dass der Pinselstrich mit dem Zauber von Illusionen auf der Leinwand,

nur dadurch möglich und existent ist, weil die die so genannte „Natur“ dem Menschen eine vorübergehende Daseinsberechtigung gewährt?

Das, was hier und heute genutzt, benutzt, in Anspruch genommen wird, ist sicher keine Selbstverständlichkeit, sondern wurde in jahrtausendealter kultureller Leistung erst möglich gemacht.

Wie viele Menschen, Ideen, kulturelle Erfordernisse, in kaum nachvollziehbaren Schritten waren nötig, dass ich hier und heute zu Ihnen durch dieses Mikrophon sprechen kann, dass meine Worte die Besucher dank der kabellosen Übertragung erreichen. Denken Sie an jede Schraube, den Lack, die Müllabfuhr, den Boden, auf dem Sie stehen, das Dach über unseren Köpfen, an die hungrigen Gören des Dachdeckers!  Wer hat die Gasse draußen gepflastert, der müde abends ins Bett fiel, so dass Sie heute dank Navi und trockenen Fußes hierhergelangen konnten…

Ein Teil dieser Überlegungen spiegelt sich in den in dieser Ausstellung gezeigten Exponaten, in diesen „GRYN-ORIGINALEN“ wider:

Wir werden konfrontiert mit kulturellen, mit künstlerisch-kritischen Äußerungen:

Waiting – Worauf warten wir – noch?
Sehen wir die Natur als Trophäe, die wir uns an die Wand nageln können?
Wer gibt das letzte Kommando?
Sind wir überhaupt noch in der Lage zu entscheiden, oder bewegen wir uns zwischen Today and Tomorrow in einer Transformation, in der wir tanzend auf dem Rücken der Pferde, gleichsam einer Turbo-Rose uns buchstäblich auf einem Müllbaum wiederfinden? Wir fliegen, tanzen, Outside-in, scheinbar unbeschwert, Nichtigkeiten hinterherlaufend, während wir das Eigentliche aus den Augen verloren zu haben scheinen. Wir vergessen, dass die aufkommenden Stürme uns mit Leichtigkeit hinwegfegen, wenn wir uns unseres Ursprungs nicht erinnern und in der Urbanität verrotten.

Let’s start in a new life, wie ein Ur-Tierchen mit dem Bewusstsein des Abhängig-Seins in einem System, das wir „Natur“ nennen!

Sehen wir demgegenüber unsere „Kultur“ wie den Atemhauch auf einer Glasscheibe!

Good bye – und good luck!

                                                                                                                                         Reinhard Ader, Mai 2019

Vernissagefotos: © Kurt Keller

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